Die Berliner
Autorin Annett Gröschner hat Essays aus den letzten zehn
Jahren zu einem Buch zusammengestellt, das alles andere als eine
trockene Wiederaufbereitung längst gelesener, doch vertreuter
Gelegenheitstexte darstellt. So ist ein Buch entstanden, mit
einem irritierenden Titel, das man zunächst einmal gern
in die Hand nimmt. Der erste Essay beginnt auf der vorderen Klappe
und fließt über Schmutztitel und Vakatseite; der Haupttitel
auf der dritten Seite ist schon eingebettet in den zweiten Text.
Das Buch fängt irgendwo vor dem Anfang an und endet erst
auf der hinteren Außenklappe. Man muss das Inhaltsverzeichnis
suchen, ehe man es auf der vorderen inneren Einbandseite entdeckt.
Diese Gestaltung verbindet die 33 Einzeltexte und präsentiert
sie als Zeugnisse eines Erfahrungskontinuums. Die Essays beschäftigen
sich mit ostdeutschen Nachwende-Realitäten, etwa mit dem
massenhaften Abrutschen von Frauen in die Arbeitslosigkeit, mit
den Anpassungssorgen der Germanisten-Kollegen, mit der Migration
im Prenzlauer Berg, oder mit Ausflügen in die Provinz. Die
Autorin fährt nach Wünsdorf in die verlassenen Kasernen
der Roten Armee oder geht auf Spurensuche im Bahnhof von Bad
Kleinen, wo der mutmaßliche Terrorist Wolfgang Grams erschossen
wurde, und dann in die Spuren Uwe Johnsons nach Jerichow in Mecklenburg.
Sie recherchiert die Geschichte von Straßen und Plätzen
in Berlin und findet Geschichten zuhauf, die auf der Straße
lagen und scheinbar nur darauf warteten, von der Autorin aufgeschrieben
zu werden.
Aber mehr noch als die Themen zeichnet das Buch ein bestimmter
Denkstil aus. Annett Gröschner hat einen ganz eigenen Stil
der Recherche entwickelt. Vor allem in abgelegenen Textmengen,
in Schüleraufsätzen, privaten Erinnerungen, in Werbebroschüren
und Propagandaschriften, in Benimm- und Grundbüchern findet
sie Material, das sie zurückhaltend gegen den Strich bürstet
und neu kombiniert. In den Widersprüchen zwischen Gewolltem
und nicht Eingelöstem findet sie zu eindrucksvollen Auskünften
über gelebtes Leben.
Annett Gröschner ist eine Entdeckerin. Als geradezu sensationell
für die Mentalitätsgeschichte der Ostdeutschen kann
man die mit dem Buch "ich schlug meiner Mutter die brennenden
Funken ab" vorgelegte Sammlung von Schüleraufsätzen
aus dem Jahre 1946 bezeichnen, in der 12- bis 14-jährige
über ihre Erlebnisse in den letzten Kriegstagen zu berichten
hatten. Auch im vorliegenden Band legt sie, im etwas abgegriffenen
archäologischen Bild gesprochen, Schichten frei, rekonstruiert
sie Bausteine zu einer Sozialgeschichte ostdeutschen Lebens.
Die Autorin besteht selbstbewusst auf ihre ostdeutschen Erfahrungen
und befragt sie nach ihrer Werthaftigkeit. Nur manchmal scheint
Wut auf, in den Texten vom Anfang der 90er Jahre, als die Autorin,
wie viele andere, erneut und diesmal endgültig mit den Utopien
der Wendezeit aufräumen musste.
Bei allen Texten liegt die gleiche Haltung zu Grunde: ein im
klassischen Sinne aufklärerischer Ansatz der Realitätsbefragung.
Im ersten Essay des Buches schreibt sie über den Fotografen
Arwed Messmer einen Satz, der zugleich diese Haltung den vorgefundenen
Realitäten gegenüber trifft: Der Fotograf nehme "sich
zurück, ohne dass die Bilder mit dem Attribut ,objektiv'
zu erfassen wären, er lässt die Landschaften sprechen
und offenbart damit seine eigene Suche nach Spuren, die Ausdruck
ambivalenter Visionen deutscher Geschichte sind".
Annett Gröschner dramatisiert nicht und kommentiert kaum.
Lieber spürt sie die Ironie auf, die oft genug die Realität
selbst liefert und sie lässt die Dinge für sich selbst
sprechen. So kommen die Ambivalenzen zur Sprache, die das Leben
und die Erfahrung der Menschen mit DDR-Vergangenheit kennzeichnen,
werden reale Defizite und Utopie-Verlust benannt, ohne antiwestliches
Ressentiment. Die Geschichte etwa der ehemaligen Stieleisherstellerin,
von ihr selbst erzählt, ist tragisch und komisch und grotesk.
Das Buch ist eine Fundgrube. So sind Gröschners Texte solche,
bei denen man auch die Fußnoten wirklich lesen sollte.
Dort sind Schätze versteckt, die nur der gründliche
Leser hebt. Die Fußnoten sind kein postmodernes Spiel,
und dennoch verleihen sie den Texten, ganz nach dem Vorbild der
großen Text-Spiel-Entwürfe, eine weitere und eigenartige
Dimension.
Peter Böthig
Hinter dem unaussprechlichen Titel verbirgt sich nicht nur eine
missglückte Textkonvertierung, sondern ein ungewöhnliches
Archiv deutsch-deutscher Zeitgeschichte. Der kleine aber feine
Berliner KONTEXTverlag wagt, was für Suhrkamp unmöglich
wäre: Das Buchinnere nach Außen zu kehren und Provisorisches
herauszustellen. So erhält, wer das Buch in Händen
hält, nebenbei gleich noch eine kleine Einführung in
den Prozess des Büchermachens: Schmutztitel, Vakatseite,
Impressum werden erklärt und sozusagen im Vorstadium abgedruckt.
Die avantgardistische Geste lässt sich durchaus als gegenkulturelles
Statement lesen: Der herrschenden Dominanz der Bilder und des
Häppchenjournalismus wird Widerstand entgegengesetzt. Die
Lektüre wird statt erleichtert zusätzlich erschwert,
die "Fließtexte" sind sperrig und verweigern
sich dem schnellen Überfliegen. Hier wird auf LeserInnen
gesetzt, die bereit sind, sich intensiv einzulassen.
Die Texte, zu denen man sich erst vorarbeiten muss, halten eine
solche Verfremdung aus. Die dokumentarische Prosa Annett Gröschners
ist so dicht und vielschichtig, dass man auf geologische Termini
zurückgreifen muss, um ihre originäre Schreibweise
charakterisieren zu können. Gröschner gräbt und
bohrt und schichtet um, dass es eine Freude ist. Ob eine Eisherstellerin
porträtiert wird oder die Kleinstadt Jericho, ob der Abzug
der Roten Armee kommentiert oder die Geschichte der Gleimstrasse,
der Veteranenstrasse oder des Wasserturms im Prenzlauer Berg
erzählt wird, die Autorin legt Schichten frei, von denen
man gar nicht ahnte, dass sie existieren.
Dabei artet die Recherche (trotz der vielen Fussnoten) nie in
Bildungshuberei aus, wie nebenbei wird eine Vielfalt an historischen
Quellen eingeflochten, mit beeindruckender Leichtigkeit verschränken
sich aktuelle zeitgenössische Vorgänge mit unterschiedlichen
geschichtlichen Ebenen. Auf der Reise ins Mecklenburgische z.B.
durchdringen verschiedenste Perspektiven einander: die der Johnsonschen
Romanfigur von 1931 steht neben der ihres Autors in den 70er
Jahren, die des RAF-Mitglieds Birgit Hogefeld 1993 neben derjenigen
der Reisenden, die sich wiederum von Kindheitserinnerungen eingeholt
sieht.
Schriftliche, landschaftliche, städtebauliche Zeichen der
Gegenwart liest die Archäologin des Alltags als Palimpsest,
als Fragment vielfacher Überschreibungen, dessen Subtext
noch freizulegen ist, nicht zuletzt um Gegenwärtiges zu
verstehen. Dazu sind Spuren zu sichern und Strukturen zu rekonstruieren,
fehlende Glieder manchmal auch durch Spekulationen über
mögliche Zusammenhänge zu ersetzen. Nie behauptet sie,
etwas wäre genau so geschehen wie sie es erzählt, aber:
so hätte es sein können...
Ein solcher Erzählstandort der beteiligten Chronistin weist
auf Verwandtschaften hin, nicht zufällig widmet sich ein
Essay Uwe Johnson. Die Leichtigkeit der dokumentarischen Prosa
ergibt sich aus dem Humor der Autorin, die einen Blick für
Skurriles und Banales hat, Schäbiges und Schwäche nicht
denunziert und Stärke nicht glorifiziert. Die Abwesenheit
von Pathos ermöglicht, auch über bewegende Momente
zu schreiben wie z.B. den letzten Arbeitstag der Margot Siedow
nach dreissig Jahren in ein und demselben DDR-Betrieb. Annett
Gröschner guckt immer genau da hin, wo der erste schnelle
Blick abgleiten würde: auf das überklebte Ortsschild,
die geflickte Jacke, die Lücke im Adressbuch. Wenn sie den
Dolmetscher beschreibt, der russische und deutsche Soldaten 1995
bei gemeinsamen und medienwirksamen Ausgrabungen im Oderbruch
begleiten soll, so heisst es: "Er ist hier für die
Kommunikation zuständig. Aber es sind nicht nur die fehlenden
Sprachkenntnisse, die kein Gespräch aufkommen lassen."
"Hier soll ein Schlußstrich unter die Geschichte gezogen
werden. Die Summe unter dem Strich ist unbekannt. Weil hier der
Rest liegt." Ein Satz Heiner Müllers kommt ihr in den
Sinn und ruckt seltsam konkret ins Realgeschehen ein: "Die
Befreiung der Toten findet in der Zeitlupe statt."
Wo die Banalität des Alltags zu zynischen oder sarkastischen
Sätzen verleiten könnte, lässt die Autorin Dokumente
und Archivmaterialien sprechen: Grenzakten, Spruchbänder,
Betriebsanweisungen, Schreibtischkalender, Merkblätter für
Arbeitslose, Speisekarten, Adress-, Grund- und Totenbücher.
Die literarische Historikerin hütet sich vor Verklärung
und Moralisieren, stattdessen ruft sie Erinnerungen auf: Das
Verschwinden sowjetischer Kulturoffiziere in Stalins Lagern,
den Lärmkrieg zwischen dem Westberliner "Studio am
Stacheldraht" und dem Ostberliner "Studio 13. August"
im September 1961, die vergessene Autorin Christa Reinig, den
Zweiklassen-Abzug der Alliierten 1994.
Die scheinbar zufällige assoziative Aneinanderreihung von
Beobachtungen, Erinnerungen und recherchierten Fakten hat Methode.
Personen, Häuser, Strassen bekommen ein Gesicht.
"Die Häuser allein erzählen Geschichten. Es sind
Klopfzeichen aus einer vergangenen Zeit, die nur aufmerksame
Betrachter zu deuten wissen." Annett Gröschner lässt
BewohnerInnen der Berliner Gleimstrasse zu Wort kommen, befragt
Frauen in Trebbin und Magdeburg oder den Bauleiter eines zum
Hotel gewordenen Schlosses in Thüringen.
Die essayistischen Reportagen und literarischen Porträts
taugen selbst als Dokumente der Zeitgeschichte, manche waren
zwischen 1990 und 1993 in aufregenden Nachwendepublikationen
wie "die andere", "Ypsilon" oder später
"Sklaven" zu lesen. Alles Zeitschriften, die inzwischen
auch schon Fussnoten zu ihrer Erklärung brauchen. So ist
die Beobachterin bei aller Zurückhaltung doch stets präsent
und in ihren Texten aufzufinden. Selbstbewusst, neugierig, sachlich,
verspielt, selbstironisch und das eine oder andere Mal auch auf
angenehme Weise sentimental.
"Und die Wehmut hat ihre Gründe".
Birgit Dahlke
Das Buch wurde
1999 von Börsenverein des deutschen Buchhandels zum schönsten
Buch des Jahres gekürt. Das mag am schlichten Grauweiss
des Einbands liegen, an der dicken griffigen riffeligen Pappe
und vor allem, vielleicht?, daran, dass dieses Buch sofort beginnt:
keine Schmutztitel und wie all das, was an Seiten kommt, bevor
der Text beginnt, in der Verlagsfachsprache heißt - was
übrigens beim Lesen zu erfahren ist. Auch alles andere,
z.B. die Inhaltsübersicht oder wo die Autorin ihre Texte
bereits veröffentlicht hat, sind ganz korrekt vorhanden
und doch unerwartet zu finden. Da, wo sonst auf dem Klappentext
viel zu wenig Information über Autorin oder Autor geboten
wird oder Pressezitate zu Werbezwecken aneinandergereiht stehen,
da sind wir schon mitten im Buch, in einem Text - über einen
Fotografen, Arwed Messmer, der Landschaft - die Landschaft der
Ex-DDR - zwischen zwei Blicken sieht:
"So wie auf den Fotos wird man sie, kehrte man an den Ort
der Aufnahme zurück, nicht mehr wiederfinden. Es sind Orte
an denen die alten Losungen schon abmontiert sind und die neuen
bunten Werbeflächen die kaputten Wände und Schuttplätze
noch nicht verdecken. Die Sicht ist für diesen kurzen Zeitabschnitt
frei. Aber der Abbau hat begonnen, Zäune sind eingerissen,
Mauern abgetragen, Glas zerbrochen."
Nicht umsonst mag dieser Text am Anfang stehen: Annett Gröschners
Beschreibung dieser Fotos, eigentlich ein Erfassen der Intention
des Fotografen, spiegelt ihr eigenes Vorgehen - Kartographie
eines Niemandslands zwischen zwei Staaten, zwei politischen Systemen,
zwei Zeiten - BRDDR: Landschaften der Erinnerung, der Gefühle,
der vergessenen Orte und Gradmesser der Veränderung. Gröschner
schreibt mit klarem Blick und oft lakonischer Sprache, mit Ironie
und Empathie, vor allem aber mit unglaublicher historischer Präzision,
die sie Kleinarbeit in Archiven verdankt. Und so lernen wir das
kennen, was auch mal die DDR war - auch wenn es sich auf Magdeburg
beschränkt und auf das, was wir für Berlin halten,
nun die Hauptstadt genannt, so wie's zu DDR Zeiten auch üblich
war. Annett Gröschner erzählt die Geschichte einer
Straße anhand der Grundbücher, verfolgt die vergeblichen
Wanderungen und Wandlungen des Hotels Esplanade am Potsdamer
Platz, entmythologisiert den Oderbruch - nicht nur Ort eines
nahezu showmäßigen Überflutungseinsatzes gesamtdeutscher
Soldaten, sondern auch Ort von Massengräbern aus dem 2.
Weltkrieg, in denen Deutsche und Russen liegen, deren Leichen,
Knochen, Uniformfetzen von russischen und deutschen Soldaten
ausgegraben, als Deutsche und Russen identifiziert, um auf korrekten
Friedhöfen beigesetzt zu werden. Annett Gröschner fährt
in kleine Städtchen im Umfeld des großen Berlin -
zum Beispiel nach Wünsdorf, eine Stadt, die schon vor dem
ersten Weltkrieg ausschließlich zu militärischen Zwecken
gebaut wurde und diesen Zweck bis etwa 1994 erfüllte, als
die letzten russischen Soldaten gegangen waren und ein Radio
in einer leeren Kaserne plärrte, ein Ort, an dem wohl auch
andere Rechnungen beglichen wurden:
"Ein paar Häuser weiter ... da ist das Blut bis an
die Decke gespritzt und in der Ecke des Bettes liegt ein bräunlich
verkrustetes Lakenknäuel. An den Wänden Bleistiftzahlen,
wie man sie aus Krimis kennt. Ein Film wird hier nicht gedreht
worden sein, sonst röche es nicht so süßlich.
Die Wachleute zucken mit den Schultern, keine Ahnung, vielleicht
Mafia oder so was.
Annett Gröschner erzählt aber nicht nur von Häusern,
Straßen und Städten, sondern auch von Frauen - genauso
vergessen und um die eigene Geschichte betrogen wie die Häuser,
Straßen, Städte. Die "Geschichte der SED, Abteilung
Frauen. Eine Farce" berichtet von Gründung und einheitssozialistisch-patriarchaler
Vereinnahmung des Demokratischen Frauenbundes Deutschland. Annett
Gröschner schreibt über Christa Reinig, eine hier wie
dort und jetzt vergessene Schriftstellerin. Und schreibt über
den Krieg ihrer Mutter, den Zweiten Weltkrieg, die Zerstörung
Magdeburgs, die Haut der Großmutter vom Körper gelöst
durch eine Phosphorbombe, im Garten verstreut: "die Haut
gerettet, die Großmutter nicht". "Geboren am
Ostkreuz" ist die Geschichte von Inge Müller, der ersten
Frau des Dramatikers Heiner Müller, die sich lang schon
umgebracht hatte, als alle, die glaubten, wer zu sein, zu Heiners
Müllers. Beerdigung gingen: "Kurzer Film über
das Tot sein". Annett Gröschner denkt über Inge
Viett nach und das, was sie stört an ihrem Buch: die allzu
affirmative Akzeptanz sozialistischer Parolen. Und fast am schönsten,
weil tragisch, komisch und so realistisch, ist das, was Margaret
Siedow erzählt ehemalige Stieleisherstellerin, die ihren
Kittel im Spind der Speiseeisfabrik hängen ließ, um
dort dann doch nie mehr gebraucht zu werden.
Aber da sind noch andere Texte: Sie handeln von Ost-West-Begegnungen,
von Beschimpfungen an der Mauer, Provokationen, wie Ost es sah,
Aufrufe zur Freiheit, auch als Freiheit des Wortes, wie West
es sah. Annett Gröschner geht ins Arbeitsamt, fährt
auf eine GermanistInnentagung und reist, als wilde Künstlerin
vom Prenzlauer Berg, mit anderen wilden KünstlerInnen zu
einer Lesung nach Heidelberg. Ihre Texte handeln vom Fremdsein
in den deutschen Staaten, die doch angeblich einer sind, was
aber eben nicht stimmt. Das ist erstens wahr und zweitens, finde
ich, gar nicht so schlimm, wenn eine wie Annett Gröschner
davon schreibt. Durchdacht. Mit klarem Standpunkt. Feministisch.
Kritisch gegenüber dem Vertrauten wie dem Anderen. Annett
Gröschner beurteilt nicht und urteilt nicht, sie sucht die
Komik einer Realität, die oft genug eigentlich Anlass zu
Wut gäbe. Aber statt Dogmatik gibt es Kleinarbeit, die die
Augen von selbst öffnet. Weil Annett Gröschner sich
nämlich die Mühe macht, zu recherchieren, zu stöbern,
das Kleingedruckte zu lesen, das wir so gerne um des großen
Wurfes willen überlesen. Darum müssen wir auch ihre
Fußnoten lesen, die einiges erklären und ergänzen.
Außen und innen ein Spiegel, Spurensuche, Geschichte, impliziter
Kommentar. Und das liest sich auch spannend und erklärt
mehr als die 79. Veranstaltung zur zehnjährigen Wiedervereinigung.
Annett Gröschner hat einige Texte in Konkursbüchern
und im "Freitag" veröffentlicht, und die meisten
anderen in der Berliner Zeitschrift "Sklaven". Ich
rate euch ab, ihr, die ihr lest, ihr Durchblicker (denn ihr seid
meist männlich) irgendeinen ideologischen Kleinkrieg anzuzetteln.
Lest lieber das schönste Buch des Jahres 1999. Der Titel
ist übrigens unaussprechlich und verdankt sich computergenerierten
Textformatierungs- und Dateiumwandlungsproblemen.
Christine Plesch
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