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96 Seiten /
Format 240 x 170 mm
Französische Broschur mit Fadenheftung
fünffarbige Abbildungen (+ Gold und Silber)
Ê 30,70
ISBN 3-931337-13-8
Vorzugsausgabe
Buch in kartonierter Mappe eingelegt
mit handschriftlichen Text und Originalgrafik,
signiert und numeriert
Auflage 100 Exemplare
Ê 81,80
ISBN 3-931337-14-6
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Elke Erb
Das Gespräch
zwischen Kerstin Hensel, die mit einigen aktiv gebauten Gedichten
mein Interesse geweckt hatte, und mir, behandelt authentisch
DDR-Existenz. Ich war beim Abschreiben von der Kassette mit der
Gesprächsaufnahme entzückt von den Möglichkeiten
der mündlichen Sprache, von ihrer Geschmeidigkeit. Dieser
professionelle Aspekt war es eigentlich, der eine Publikation
des Gesprächs in Verbindung mit den Frauenfiguren Karla
Woisnitzas als ausgesprochen glückliche Idee hatte erscheinen
lassen. Wie Karla ihre hellfarbigen Frauenfiguren, -figurinen
auf Restaurant-Quittungen gezeichnet hat, korrespondiert, finde
ich, in einer feinen Verschwisterung mit unserer lebendigen,
zweistimmigen (authentisch auch wiedergegebenen) Redebewegung.
Während diese Bewegung bei der Rezeption des Lesers, wie
es oft geht und kaum anders zu erwarten ist, im geheimen Hintergrund
des Wie verschwindet vor dem Was der Inhalte, erscheint sie in
der Serie der Zeichnungen gleichsam wieder als eine leuchtende
Spur. So wenig indessen, wie unsere Rede leichtzüngig ging,
ist Karlas Folge nicht eine der leichten Hand. Eher würde
ich bei ihr von Entschlossenheit, Aufgeräumtheit, Rüstigkeit
sprechen, von Eigenschaften, die schon den Ansatz kennzeichnen,
nämlich die Idee, jeweils prompt auf diese Kassenzettel
aus der eigenen professionellen Geladenheit zu reagieren, sie
sofort zu beantworten... Mit ihnen mithalten also, während
sie mit ihren Preisen aufsteigen aus den Niederungen des DDR-Alltags
in die gehobene atmosphärische Klarheit nach der Währungsunion.
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Ein Buch, dessen
Gestaltung einen Preis verdient. Kerstin Hensel und Elke Erb
im Gespräch über "authentische DDR-Existenz"
Da wird vor allem durch die Form des Abdrucks die Wechselwirkung
zwischen zwei, über ihr gemeinsames Thema gebeugten Frauen
sichtbar, spürbar. Ein Herantasten, Vordringen in die jeweils
eigene Geschichte. Da gibt es Überschneidungen mit der Geschichte
der Anderen, Fragen werden aufgebaut, Kompromisse gefunden. Es
wird verteidigt und verworfen. Karla Woisnitzas Frauenfiguren
auf Restaurantrechnungen zeugen von Zerrissenheit, Stolz und
Freude auch am Bezahlen. Diana, die Jagd geht weiter.
Sylvia Tornau, Leipziger Stadtmagazin
Alles wird teurer
Tag für Tag Karla Woisnitza hat ihre Quittungen gesammelt
und illustriert. Die Damen auf ihren Rechnungen tragen Geweih,
Bikini und bunte Röcke, sie springen im Quadrat, wedeln
mit Bananenschalen und führen wahre Veitstänze auf
in einem liebevoll gestalteten Buch der collektionKONTEXT. Der
Gesprächstext ist in schönster Antiqua groß auf
hellbraunen, feingesprenkeltem, nur oben aufgeschnittenem Edelpackpapier
gedruckt.
Iris Radisch, Die Zeit
Karla Woisnitza
führt auf farbig überzeichneten Quittungen einen ungewohnt
lustvollen Umgang mit der Zettelwirtschaft vor. Leichtlebigkeit
suggerieren die Frauenfiguren, die unternehmungslustig auf den
Zetteln Platz genommen haben: sie trainieren mit Hanteln im Faltenrock,
enteilen auf hohen Hackenschuhen, tanzen, spielen Badenixe und
Flughexe. Der schnelle Strich der kleinen Aquarelle täuscht
die Beiläufigkeit von kindlichen Selbstentwürfen auf
Schulbuchrändern und Heftseiten vor.
Das Packpapier, auf dem das Gespräch gedruckt ist, erhebt
den ungewohnten Duktus zum Stilmittel: Werkstattatmosphäre,
ungefiltert. Nach mehreren Seiten schwemmt einen der ungesteuerte
Redefluß überraschend nah an die Wurzeln der literarischen
Produktion. Da tasten sich Elke Erb und Kerstin Hensel an die
Bestimmung eines "Wir" heran, dem zugehörig sich
zu wähnen erst die Möglichkeit der Kommunikation eröffnet.
In den Überlegungen der Autorinnen rumort die unbeantwortete
Frage, was von diesem "Wir" übrigbleibt, zieht
man Vereinnahmungen und falsche Identifikationsangebote ab.
Das Gesprächsprotokoll nutzt die Möglichkeit des Mißverstehens
als Kunstgriff, andere Deutungen zu suggerieren. Initiiert als
Selbstbefragung der Schriftstellerinnen nach der Wende, ist von
diesem Punkt kaum die Rede. Zur Sprache kommen statt dessen die
Bedingungen des Schreibens und eine den Worten zuerkannte Macht,
in denen sich schon die Schizophrenie eines Systems ankündigt,
dessen Zusammenbruch rückblickend unvermeidbar erscheint.
Im Marginalen zu einem spezifischen Ausdruck ihrer Zeit zu finden,
verbindet Text und Zeichnungen.
Katrin Bettina Müller, Der Tagesspiegel
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